Waidwund von Max Stadler – Meine Rezension …

Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
Verlag: ars vivendi verlag (30. September 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3869134747
ISBN-13: 978-3869134741

Über den Autor:
Max Stadler, Jahrgang 1981, studierte Sinologie, Geschichte und Skandinavistik in Berlin, Straßburg und Stockholm und arbeitet seit 2005 als literarischer Übersetzer. Er hat über 50 Bücher aus dem Englischen, Französischen und Schwedischen übertragen und veröffentlichte die gemeinsam mit Lucille Clauss verfassten Oberpfalzkrimis „Monatsend“ (2008) und „Waldverein“ (2010).

Der Buchrückentext:
Es dauerte einen Moment, bis die Synapsen in seinem Gehirn die richtigen Verknüpfungen herstellten. Vor ihm lag kein Reh, sondern etwas, das Klamotten anhatte. Vorsichtig, als wollte er es unbewusst vermeiden, auf verstreute Körperteile zu treten, umrundete er den rechten Flügel des Mähwerks. Mit der Hand stützte er sich auf der grünen Abdeckhaube ab, holte kurz Luft und blickte darunter. „Scheiße“, murmelte er.

Ein bayerischer Krimi, der die Grenzen des Regionalen sprengt: über Rache und Gerechtigkeitssinn, Neid und Selbstjustiz, Mitläufertum und Widerstand, die Oberpfalz und die ganze Welt.

Die Geschichte:
Ein wohlhabender, einflussreicher Landwirt wird grausam ermordet und ausgerechnet sein eigener Sohn findet einige Tage später die Leiche. An Verdächtigen mangelt es kaum, denn der Verstorbene war nicht gerade sehr beliebt. Die möglichen Motive reichen von Neid bis hin zu Vergeltung für diverse Umweltvergehen, die ihm vorgeworfen werden.
Der Polizist Leitner soll den Fall aufklären, aber auch er war nicht gerade ein Freund des Mordopfers, sondern steht auf der Seite der Umweltschützer. Es beginnt eine wilde Jagd, die nicht nur in den Wäldern der Oberpfalz stattfindet, sondern bis in die Weiten Afrikas reicht.
Es bleibt nicht bei einem Mord, denn der Racheengel hat eine größere Mission zu erfüllen …

Meine Meinung:
Da ich bekanntermaßen ein sehr tierlieber Mensch bin, war das Buch nicht immer einfach zu lesen. Aber das implizierte bereits der Titel: „Waidwund“ nennt man es, wenn ein Tier bei der Jagd nicht sofort getötet wird, sondern noch eine Weile verletzt überlebt. Das war aber nicht alles, was man an „Jägerlatein“ lernen kann in diesem Krimi.
Einen ausgleichenden Gegenpol zu den schießwütigen Jägern bilden allerdings die Umweltschützer, die auch oft zu Wort kommen.
Überhaupt findet sich sehr viel Kritik an den unterschiedlichsten Missständen in diesem Buch: das reicht vom Subventionswahnsinn der EU über angeblich so umweltfreundliche neue Energiekonzepte bis hin zur Flüchtlingspolitik. Aber auch Themen, die weit ab unserer bayerischen Heimat brisant sind, werden angeschnitten: zum Beispiel die grausame rituelle Beschneidung junger Mädchen in Afrika.
Die Geschichte greift auch extrem viele Klischees und Vorurteile auf, die manchem Leser reichlich übertrieben vorkommen könnten. Da muss ich allerdings widersprechen, denn wenn man in einem kleinen bayerischen Dorf aufgewachsen ist, dann weiß man, dass das leider traurige Realität ist. Oft steht hier einfach noch Misstrauen und Abneigung über jeglicher Toleranz, die man eigentlich für seine Mitmenschen aufbringen sollte.

Kommen wir zu den handelnden Personen, die – wie ich finde – sehr gut charakterisiert wurden. Da wäre natürlich als Hauptperson und Ermittler der Polizist Leitner: ein etwas zwiespältiger Mensch und eher ein Einzelgänger, für den es nicht nur Gut oder Böse gibt, sondern der auch gerne mal ein Auge zudrückt. Kein Beamter, der Dienst nach Vorschrift absolviert, sondern ein Mensch wie du und ich, der sich oft von seinen Gefühlen leiten lässt. Mir war er sehr sympathisch und ich würde mich freuen, wenn es weitere Bücher mit ihm geben würde.
Auch zu vielen der anderen Protagonisten kann man schnell eine Beziehung aufbauen – und nicht mal die „Bösen“ wirken uneingeschränkt unsympathisch … die Grenzen sind oft fließend, so dass man auch für manche Straftaten noch Verständnis aufbringen kann.

Max Stadlers Schreibstil hat mir sofort bestens gefallen. Er schafft eine lebendige Atmosphäre, egal ob in den heimischen bayerischen Gefilden oder im fernen exotischen Afrika.
Es steckt auch ein bisschen Ironie und Humor in der Geschichte und so mancher Dialog sorgt für ein Schmunzeln:
„Schau, unser Dorfarzt. Geht auch auf die Jagd. Drüben beim Hurler. Macht einen auf Politiker. Seine Tochter heißt Priscilla! Sag mal, wer nennt denn sein Kind Priscilla? Wenn du Pferde züchtest, und es kommt ein Einhorn raus, dann kannst du es Priscilla nennen!“ (Seite 61)

Anfänglich gibt es drei Handlungsstränge, die bald immer mehr miteinander verstrickt werden bis zum großen Finale. Einige grausame Szenen sind natürlich auch Bestandteil der Handlung, aber es geht nicht unnötig reißerisch ins Detail. Eine gewisse Spannung wird bereits anfangs mit dem Leichenfund aufgebaut und diese hält sich auch in Form einer sehr fesselnden Grundstimmung bis zum Schluss. Zwischendurch wirkt die Handlung mal etwas ruhiger, aber dann sorgt so manche Überraschung wieder für Wendungen, die auch für mich als erfahrenen Krimileser nicht vorhersehbar waren.

Fazit:
Ein spannender Krimi mit authentischen Charakteren und Schauplätzen, der mich mit einer gut durchdachten Story und viel Gesellschaftskritik bestens unterhalten hat!

Bewertung:
4,5 Pfoten – ein halbe Pfote muss ich leider abziehen für „Troll“ … die Punker hätten ihn bestimmt gerne aufgenommen gegen eine entsprechende Spende! 🙂
4,5pfoten