Glycinienmord von Nicole Joens – Meine Meinung…

Broschiert: 320 Seiten
Verlag: CINDIGObook; Auflage: 1 (5. Mai 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3944251199
ISBN-13: 978-3944251196

Über die Autorin:
Nicole Joens, geboren 1961 als Nicole Houwer in München, lebt seit zwanzig Jahren als Drehbuchautorin in Deutschland. Davor hat sie sieben Jahre lang in New York gelebt, um dort Film-, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft zu studieren. Nebenbei hat sie als Cutterin für Dokumentarfilme gearbeitet, um in der teuren Stadt zu überleben.
„Maria sucht Josef“ war ihr Erstlingswerk. Beim Piper-Verlag folgten unter dem Pseudonym Noemi Jordan zwei Liebesromane in einem spannenden historischen Kontext. In den Anthologien „Schneegeflüster“, 2010 erschienen im Dianaverlag, und „Gelegenheit macht Liebe“, 2012 erschienen beim Piper-Verlag, wurden zwei ihrer New Yorker Kurzgeschichten veröffentlicht.
In zweiter Ehe glücklich verheiratet zieht sie mit ihrem Mann zwei Söhne in München groß. Ihre Produktionsfirma und den Verlag CINDIGO haben sie als Paar gemeinsam gegründet.
(Quelle: Amazon.de)

Über die Reihe:
„Glycinienmord“ ist der Auftakt der Reihe „Frauen morden besser“. Sechs weitere Bücher sind geplant.

Der Klappentext:
Kurz vor ihrem Tod schreibt Gisela Martin in einem Hospiz in Niederbayern mit Blut das Wort ‚Glycinie‘ auf ihre Bettdecke.
In New York erhält der erfolgreiche Ermittler und Dozent Dr. Jens Hauser kryptische Nachrichten über zwielichtige Machenschaften in seiner Heimat und nimmt daraufhin einen Auftrag der bayerischen Regierung an.
Gemeinsam mit der gewieften Berliner Polizeipsychologin Dr. Lilian Kämmerer und seiner attraktiven New Yorker Assistentin Olivia untersucht Dr. Jens Hauser schon bald in Bayern ungeklärte Todesfälle der Nachkriegszeit mit modernen forensischen Methoden. Dem Team wird schnell klar, dass bestimmte Fälle mit Absicht vertuscht wurden. Eine Spur führt bis in Regierungskreise…

Die Geschichte:
Jens, der in frühen Jahren seiner Polizeilaufbahn ins Ausland „strafversetzt“ wurde, kehrt nach langer Abwesenheit zurück in seine Heimatstadt Kelheim, um dort alte, ungeklärte Kriminalfälle aufzuklären.
Seine Mutter und deren Zwillingsschwester freuen sich sehr über den Besuch, haben sie doch „ihren Jungen“ sehr vermisst.
Der „Junge“ ist zwar inzwischen auch schon ca. 50 Jahre alt, was seinen Frauenverschleiß angeht, wirkt er manchmal dagegen eher wie ein Mittzwanziger, der sich noch „die Hörner abstoßen möchte“. Gelegenheit dazu bietet ihm zum Beispiel seine deutsche Kollegin Lilian, mit der er auch gleich eine Affäre beginnt. Sehr zum Missfallen von Olivia: die junge Frau ist Jens aus New York gefolgt und hegt große Gefühle für den Mann, dem sie als Assistentin zur Seite steht.
Aber um auf den eigentlichen „Kriminalfall“ zu kommen: in einem Rückblick ins Jahr 1969 lernen wir den damals noch kleinen Jens und seine Freundin Gisela kennen, die eine Leiche finden. Der Tote wird nie identifiziert und die Akte schnell geschlossen – ob es damit zusammenhängt, dass man in ihm einen „Zigeuner“ erkannte? Am gleichen Tag verschwindet auch Giselas Mutter spurlos – und auch der geliebte Hund von Jens taucht nicht mehr auf.
Zurück in der Gegenwart muss sich Jens gerade mit dem Tod von Gisela auseinandersetzen. Seine Jugendfreundin ist dem Krebs erlegen und hat eine blutige Botschaft hinterlassen: „Glycinie“. Der Name der imposanten Pflanze, unter deren üppigen Blüten und Blättern die beiden als Kinder auch an jenem schicksalsträchtigen Tag saßen, der ihrer beider Leben für immer verändern sollte.
Ohne Mutter wächst Gisela nur mit ihrem herrschsüchtigen Vater auf, der sein beträchtliches Vermögen mit zwielichtigen Geschäften verdient und der anscheinend über dem Gesetz steht.
Wird Jens das Rätsel lösen und den alten Kriminalfall nach so langer Zeit aufklären können? Oder verstrickt er sich zu sehr in seine eigene verworrene Gefühlswelt, die einfach von zu vielen Frauen beherrscht wird?

Meine Meinung:

Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich gut lesen. Es gibt weder schwer verdauliche Schachtelsätze, noch größere Längen, allerdings auch nicht viele Dialoge, die manchmal vielleicht zusätzlich für Auflockerung gesorgt hätten. Viel Sorgfalt lässt die Autorin der Beschreibung ihrer Schauplätze angedeihen: man kann sich alles bildlich vorstellen und vor allem die imposante Szene am Ende des Buches profitiert davon.

Die Charaktere werden ebenfalls gut beleuchtet und wirken lebendig. Bei vielen Personen spielt auch die Vergangenheit eine große Rolle und diese wird in gekonnter Weise in die Geschichte eingeflochten.
Leider wirken nicht alle Charaktere sympathisch, was teilweise natürlich gewollt ist, aber hier betrifft es in meinem Fall leider den Hauptprotagonisten Jens. Er wirkt durch seine Affären und seine chaotische Gefühlswelt (falls man von Gefühlen sprechen will und nicht nur von Eroberungsdrang) irgendwie inkompetent auf mich. Dass er mit seinen (möglichen) Gespielinnen auch noch alle Altersklassen abdeckt, macht die Sache nicht besser für mich.
Es gibt aber auch durchaus Personen, mit denen man mitfühlen kann und die mich als Leser auch etwas berührt haben.

Die Liebesaffären von Jens und die damit verbundenen Auswirkungen nehmen leider meines Erachtens zu viel Platz ein und rauben stellenweise aufkeimender Spannung sofort wieder die Kraft. Von einem „Kriminalroman“ ist wirklich über weite Strecken nicht viel zu bemerken und auch die auf dem Buchrücken angekündigten „modernen forensischen Methoden“ muss man eher mit der altmodischen Lupe suchen.

Gut fand ich die geschickt platzierte Gesellschaftskritik, die in diesem Buch steckt, auch wenn viele Ansätze dann nicht weiter verfolgt wurden. Überhaupt bleibt einiges der Fantasie des Lesers überlassen, was aber auch stellenweise dem Umstand geschuldet sein könnte, dass das Buch Teil einer Reihe ist und eventuell später manches noch einmal aufgegriffen wird.
Das eigentliche Thema des Buches wird am Schluss mit einem gut durchdachten Showdown gelöst und viele lose Enden werden geschickt verknüpft. Manches in der Story wirkte aber auch zu effektheischend und konstruiert und lässt abschließende Erklärungen vermissen.

Fazit:
Spannung habe ich leider beim Lesen total vermisst, dafür habe ich mich aber umso öfter über das Verhalten des Hauptprotagonisten geärgert, der manchmal so wirkt, als möchte er jede hübsche Frau, die nicht bei Drei auf dem nächsten Baum ist, in sein Bett zerren.
Als Kriminalroman würde ich dieses Buch nicht bezeichnen, wer aber gerne eine tragisch-geheimnisvolle Familiengeschichte mit Liebesgeplänkel lesen möchte, dem kann ich das Buch durchaus empfehlen.
Meine Wertung: 2,5 von 5 Sternen

Bei Daggis Buch-Challenge 2014 hake ich hiermit Punkt 10 ab.