Ein feiner dunkler Riss von Joe R. Lansdale – Meine Rezension…

Taschenbuch: 351 Seiten
Verlag: Suhrkamp Verlag; Auflage: 1 (17. Februar 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3518464973
ISBN-13: 978-3518464977

Über den Autor:
Joe R. Lansdale, 1951 in Texas geboren, gehört mit seinen Romanen und Erzählungsbänden zu den Stars der amerikanischen Krimiliteratur. Er wurde mit zahlreichen Krimipreisen ausgezeichnet.
Lansdale lebt mit Frau und Kindern in Texas, wo er auch mehrere Kampfsportschulen betreibt.

Der Klappentext:
An einem heißen texanischen Sommertag findet der dreizehnjährige Stanley ein im Waldboden vergrabenes Kästchen. Unterstützt von dem mürrischen schwarzen Ex-Polizisten Buster beginnt er, Detektiv zu spielen – und stößt auf einen zwanzig Jahre zurückliegenden mysteriösen Doppelmord. Jenseits der Welt seiner Superheldencomics muss sich Stan plötzlich einer bitterbösen Realität stellen.

Die Geschichte:
Stanley Mitchel junior ist der Ich-Erzähler dieser Story, er berichtet uns als Endfünfziger von einem sehr ereignisreichen vergangenen Sommer. Damals war Stan erst 13 Jahre alt und noch sehr naiv: erst kürzlich wurde sein unerschütterlicher Glaube an den Weihnachtsmann zerstört. Doch dieser heiße Sommer im Jahr 1958 sollte noch für mehr Veränderungen im beschaulichen Leben von Stan sorgen. Ein Metallkasten, den er im Wald findet, weckt seine Neugier und rückblickend ist Stan der Ansicht, dass er mit diesem Fund vielleicht einen feinen dunklen Riss zwischen seiner heilen Welt und der grausamen Welt von Verbrechen und Tod geschaffen hat. Denn ab jenem Zeitpunkt wird er mit so viel erschreckender Realität konfrontiert, dass es manchmal nur schwer zu ertragen ist für den Jugendlichen.
In dem Kästchen findet Stan Briefe und Tagebuchaufzeichnungen, die er bald mit einem sehr mysteriösen Doppelmord in Verbindung bringen kann. Im Wald hinter dem Autokino, das Stans Vater betreibt, stand früher einmal eine große Villa, deren verkohlte Überreste noch zwischen den Bäumen stehen. Hier kam vor vielen Jahren ein Mädchen in den Flammen ums Leben und in der gleichen Nacht starb deren Freundin unter ungeklärten Umständen auf einem Bahngleis – ihr Kopf wurde niemals gefunden.
Stan wühlt immer tiefer in der Geschichte und gerät bald selbst in tödliche Gefahr…

Meine Meinung:
Der Schreibstil von Joe R. Lansdale hat mich sofort überzeugt. Man lauscht einem Erzähler, der es einfach versteht, seine Zuhörer zu fesseln und prima zu unterhalten. Die Ausdrucksweise ist geprägt von unterschwelligem Humor und trotzdem kommt die Spannung im Lauf der Geschichte niemals zu kurz.
Die Protagonisten wirken lebendig, sympathisch, manchmal widersprüchlich, wie es echte Menschen nun einmal sind. Man fühlt mit ihnen, man gehört schon bald irgendwie dazu und ist Teil der Familie Mitchel, die meist einen sehr freundlichen Umgang miteinander pflegt.
In der Zeit, in der die Story angesiedelt ist, ist Texas noch geprägt vom Rassendenken, es gibt viel Gewalt in manchen Familien und auch anderswo, religiös verblendete Fanatiker machen ihren Mitmenschen das Leben schwer. Mit all diesen Dingen wird der junge Stan konfrontiert und die manchmal erschreckende Realität, die er so nach und nach erkennen muss, lässt ihn reifer werden. Diesen Prozess kann man als Leser gut nachvollziehen.
Es geht in diesem Buch natürlich hauptsächlich um die Aufklärung der beiden Morde, aber ein großer Teil der Geschichte ist einfach dem Leben von Stan gewidmet: seiner Freundschaft zu ihrem schwarzen Dienstmädchen Rosy Mae und natürlich seinem Kumpel Richard, dessen Vater ihn regelmäßig schwer misshandelt.
Liebe, Mitgefühl, Freundschaft und die Bereitschaft, sich über die gesellschaftlich üblichen Verhaltensweisen hinwegzusetzen, prägen diese Erzählung ebenso wie Gewalt, Mord, Vertuschung, Lügen und Wahnsinn. Eine unglaublich vielschichtige Story, die fesselt und bestens unterhält.
Ganz besonders gefallen hat mir auch das Ende, obwohl es mich fast zu Tränen rührte: Stan erzählt auf den letzten Seiten, was aus den wichtigsten Personen im Buch geworden ist. Dabei muss er natürlich von vielen Toten berichten, denn Stan ist ja inzwischen auch schon Ende Fünfzig.

Fazit:
Ein sehr vielschichtiger Roman, der gleichermaßen humorvoll, wie auch spannend erzählt wird und von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. Eine absolute Leseempfehlung!

Wertung: 5 von 5 Sternen

Bei Daggis Buch-Challenge 2014 hake ich hiermit Punkt 20 ab.