Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
Verlag: Aufbau Verlag; Auflage: 1 (21. August 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3351036051
ISBN-13: 978-3351036058
Autor: Hansjörg Schertenleib
Die Geschichte:
Wir begleiten einen Schweizer Autor, der in Südafrika lebt und der dort in einer nicht fernen Zukunft mit viel Gewalt konfrontiert wird. Immer wieder sind auch Zeitungsmeldungen etc. eingeflochten, die den langsamen Zerfall der gewohnten Ordnung ankündigen (Terroranschläge, etc.).
Eigentlich lesen wir jedoch drei Geschichten in einer, denn in wechselnden Kapiteln befinden wir uns in der Vergangenheit in Irland, im Jahr 2021 in Südafrika und in einem weiteren Handlungsstrang noch weiter in der Zukunft: im Jahr 2057 in der Schweiz.
In Schertenleibs 2057 gibt es die Welt, wie wir sie heute kennen, nicht mehr. Die Menschen leben in kleinen Gemeinschaften unter Bedingungen, die sehr an das Mittelalter erinnern: alles Moderne wurde ausgelöscht, man kleidet sich wieder in Leder, das mit Därmen vernäht wird. Keine schöne Vorstellung. Hier heißt die Hauptfigur „Halblaut“ und auch die anderen Protagonisten tragen solch seltsame Namen. Halblaut verlässt seine sichere Dorfgemeinschaft nachdem er ein Verbrechen begangen hat. Er macht sich auf die Suche nach seinem Vater und wagt sich hinaus in die Fremde, die viele Gefahren bereithält …
Meine Meinung:
Dieses Buch ist ein echter optischer Leckerbissen: komplett in unschuldigem Weiß kommt es daher und selbst die Schriften heben sich nur durch einen wunderschönen Prägedruck ab, durch den sie leicht erhaben sind und ihre Konturen wurden lediglich leicht geschwärzt. Dazu ist der Schnitt noch rot gefärbt – wirklich toll gemacht.
Leider kann ich aber den Inhalt nicht in gleichem Umfang loben wie das Äußere, denn hier tat ich mich etwas schwer. Nach dem Zuklappen des Buches und einem wenig schönen Ende habe ich mich jedenfalls gefragt, was mir der Autor jetzt damit sagen wollte. Irgendwie vermisste ich einen bleibenden Eindruck. Außer vielleicht der Erkenntnis, dass wir mit unserer Natur nicht so schändlich umgehen sollten und uns fragen sollten, welche Werte im Leben wirklich wichtig sind, konnte ich nichts herauslesen. Aber das wusste ich auch vorher schon und dazu war es mir zu ausschweifend.
Der Schreibstil ist gut zu lesen und so ausführlich, dass eine wirklich lebendige Atmosphäre entsteht. Gleichzeitig sorgt die Fülle an Details aber auch dafür, dass ich oft das Gefühl hatte, die Story würde nicht vorwärts kommen. Es zog sich manchmal alles etwas hin. Positiv ist natürlich, dass man sich die Schauplätze sehr bildhaft vorstellen konnte.
Die Geschichte(n) habe ich irgendwie als Sinnsuche verstanden, geprägt von den Gefühlen, Ängsten und Hoffnungen der Charaktere. Die Nebenfiguren waren teilweise recht skurril, teilweise sehr brutal, andere dagegen einfach nur ungewöhnlich. So richtig sympathisch konnte ich leider niemanden finden.
Eine große Rolle spielt die Natur, hauptsächlich die Tierwelt. Die Art und Weise, wie viele Informationen darüber in die Geschichte einfließen, fand ich allerdings stellenweise weniger gut gelungen. Da gibt es nämlich ein Mädchen, das sich permanent anhört, als würde es aus einem Lexikon zitieren und irgendwann nervte das – nicht nur mich, sondern auch Halblaut, ihren Begleiter.
Wie es nun zur „Großen Transformation“ kam, wird nicht so wirklich thematisiert, das kann sich jeder selbst vorstellen. Der Fokus liegt mehr auf den kleinen Dingen, die in der Welt danach noch eine Rolle spielen. Auf mich wirkte diese Zukunftsvision manchmal ein bisschen wie ein Fantasyroman, was wohl auch an den seltsamen Namen der Personen und Orte lag.
Der Schluss lässt sich mit einem Wort beschreiben: schrecklich. Wobei das größtenteils das Leben des Autors selbst betrifft, denn seine eigenen Geschichten enden etwas tröstlicher.
Fazit:
Vieles bleibt der Fantasie des Lesers überlassen, während andere Passagen eher zu ausführlich erzählt werden. Wie immer ist es Geschmackssache – und für mich war hier leider das Äußere etwas besser als der Inhalt.