MACHT von Karen Duve – Meine Rezension …

Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
Verlag: Galiani-Berlin (18. Februar 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 386971008X
ISBN-13: 978-3869710082
Autorin: Karen Duve

Die Geschichte:
Wie sieht es wohl in Hamburg im Jahr 2031 aus? Karen Duve zeigt uns ein mögliches Szenario, in dem sie die Probleme von heute konsequent auf die Spitze treibt. Die Klimaerwärmung sorgt für ständige Rekordtemperaturen, in der Natur setzen sich genmanipulierte Pflanzen durch, die Menschheit verdummt langsam und dank einer Verjüngungspille sind die „Alten“ wieder top in Form und laufen dem dämlichen Nachwuchs den Rang ab. Naja, immerhin so lange bis der Krebs zuschlägt, denn die Wunderpille hat natürlich ordentlich Nebenwirkungen.
Mitten in dieser ohnehin nicht so schönen Vision lernen wir Sebastian Bürger kennen, der eigentlich Ende 60, aber dank der Pille eher in seinen Dreißigern ist. Seine beiden Kinder schiebt er meist zur Oma ab, denn am liebsten ist er doch unbeobachtet zu Hause, schließlich hält er seit ein paar Jahren seine Frau im Keller gefangen.
Als Ich-Erzähler lässt er uns an seinen nicht sehr konsequenten Gedankengängen teilhaben und wir dürfen ihn für einige Wochen im Alltag begleiten …

Meine Meinung:
Dieses Buch hinterlässt sehr zwiespältige Gefühle bei mir. Einerseits kann ich die Kritikpunkte, die Karen Duve hier eingebracht hat, zum Großteil bestens nachvollziehen, aber andererseits gefällt mir die Art und Weise, wie sie das vermittelt hat, leider überhaupt nicht.

Auf mich wirkte das Ganze wie eine extrem dünne Story, die mit sehr viel Kritik, Sex- und Gewaltszenen zu einem ganzen Buch aufgeblasen wurde. Es geht eigentlich „nur“ um Sebastian, der bei einem Klassentreffen seine Jugendliebe wieder trifft, während er in seinem Keller seine Frau misshandelt. Ohne das Ende verraten zu wollen, ist das im Groben die ganze Geschichte, die noch mit ein bis zwei Sätzen vervollständigt werden kann.
Drumherum erfahren wir unter anderem viel über technische Errungenschaften, den medizinischen Fortschritt (wenn man ihn als solchen bezeichnen möchte), die politische Lage im In- und Ausland und den Zustand der Natur. Manches wiederholt sich und oft überschreitet die Autorin für meinen Geschmack die Grenze zur Übertreibung. So beschreibt sie beispielsweise seitenlang Tierquälereien und ich habe mich wirklich gefragt, wem das nützen soll. Wer Tiere töten und essen will, der wird sich damit nicht davon abbringen lassen. Für mich (schon seit Jahren Vegetarier und sich des weltweiten Tierleids absolut bewusst) waren diese Gewalt- und Ekelorgien einfach nur überflüssig und total widerlich.
Genau so überflüssig fand ich auch die Szenen, die man annähernd als „Gewaltporno“ beschreiben könnte. Eigentlich wollte ich nach so einem Kapitel das Buch bereits abbrechen, aber ich habe dann doch bis zum Ende durchgehalten, um mir eine abschließende Meinung bilden zu können.
Gelohnt hat sich das Durchhalten eigentlich nur, weil eine überraschende Wendung wenigstens noch etwas Versöhnliches zum Vorschein brachte. Und auch das Ende kam irgendwie beinahe „weichgespült“ daher, wenn man die vorangehenden Seiten voller Gewalt und Widerlichkeiten bedenkt.

Die titelgebende Macht findet sich natürlich häufig im Buch wieder. Leider zu viel davon in Sebastians Leben, das doch größtenteils sehr austauschbar ist mit den Biografien anderer irrer Typen, die Menschen verschleppen und gefangen halten. Aus den durchaus berechtigten Kritikpunkten hätte man wohl mehr machen können. Es ist aber meiner Meinung nach nur ein männerverachtender Roman mit zu viel Gewalt und Sex draus geworden.
Humorvolle Stellen musste ich mit der Lupe suchen, denn der unsympathische Protagonist sorgte dafür, dass auch vermeintlich ironisch-witzige Szenen nicht so gut ankamen.

Das war leider so gar nicht mein Buch, aber Geschmäcker sind ja glücklicherweise verschieden. Da ich die Kritikpunkte aber fast allesamt gut nachvollziehen kann, vergebe ich noch gute 3 Sterne.

Fazit:
Wer sich an überspitzten Gewaltdarstellungen nicht stört, kann das Buch gerne lesen. So richtig empfehlen kann ich es aber leider nicht.

Bewertung:
3pfoten