DER LETZTE PILGER von Gard Sveen – Meine Rezension …

Broschiert: 544 Seiten
Verlag: List Hardcover (26. Februar 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3471351167
ISBN-13: 978-3471351161
Originaltitel: Den siste pilegrimen
Übersetzer: Günther Frauenlob
Autor: Gard Sveen

Die Geschichte:
In einem Waldstück werden drei alte Skelette gefunden: zwei Frauen und ein Kind wurden wohl vor langer Zeit umgebracht und dort begraben. Kommissar Tommy Bergmann nimmt sich des Falles an und ermittelt, obwohl die Tat an sich mit Sicherheit bereits verjährt ist. Besonders das Schicksal des Kindes berührt ihn sehr.

Dann wird der wohlhabende, berühmte Carl Oscar Krogh von seiner Haushälterin tot aufgefunden. Sein Mörder hat ihn furchtbar zugerichtet: der Anblick der Leiche bringt sogar Tommy an seine Grenzen.
Schnell vermuten die Ermittler eine Rachetat, denn die äußerste Brutalität und die Tatwaffe deuten auf ein Motiv hin, das seinen Ursprung vielleicht in der Vergangenheit Kroghs hat. Im Zweiten Weltkrieg war er im Widerstand sehr aktiv, deshalb führt eine Spur möglicherweise in die Szene der Neonazis …

Meine Meinung:
In diesem Krimi bekommen wir einen kleinen Einblick, wie Norwegen und Schweden den Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Wie wurde damit umgegangen und wie organisierte sich beispielsweise der Widerstand, zu dem auch die junge Agnes Gerner gehört.
Ihr Auftrag ist es, Beziehungen zu Nazimännern aufzubauen, um möglicherweise wertvolle Informationen zu erhalten. Agnes hat damit eine schwierige und keinesfalls ungefährliche Aufgabe übernommen, die leider auch mit vielen psychischen Problemen behaftet ist. Die ständige Gewissheit, dass sie Menschen belügen und ihnen falsche Gefühle vorspielen muss, bringt sie oft an den Rand ihrer Belastbarkeit.

Agnes ist in diesem Krimi für mich die stärkste Figur, von ihr und ihrer Gefühlswelt erfährt man sehr viel. Unbedingt sympathisch war sie mir zwar trotzdem nicht wirklich, aber sie war auf jeden Fall greifbarer als die eigentliche Hauptperson: Kommissar Tommy Bergmann. An ihm fand ich sehr gut, dass er nicht so schnell aufgibt und dass er sich nicht um Ruhm und Ehre schert, sondern ihm liegen wirklich eher die Menschen am Herzen, denen er mit seiner Arbeit helfen will. Was sein Privatleben betrifft: das wurde zwar etwas thematisiert, aber wirklich viel erfährt man nicht. Beinahe alles dreht sich darum, dass er in einer früheren Beziehung handgreiflich wurde und dass er sich das bis heute nicht verzeihen kann.
Tommy war mir nicht unsympathisch, aber dem Charakter fehlte für mich noch irgendwas. Er blieb für mich ein bisschen blass.

Die Story ist sehr interessant aufgebaut, denn zu einem aktuellen (sehr blutigen) Mord kommt noch ein zweites Rätsel, das den Leser geradewegs in die Vergangenheit entführt. So wechseln also meistens die Kapitel zwischen Gegenwart und der Zeit der Zweiten Weltkriegs. Wir dürfen einerseits die Ermittlungen von Tommy und seinen Kollegen verfolgen und andererseits erfahren wir, welche Geschichte hinter den drei Leichen steckt.
Durch die ständigen Zeitwechsel liest sich das Ganze recht fesselnd, doch so richtige Spannung wollte bei mir trotzdem nicht aufkommen. Es ist – besonders anfangs – etwas kompliziert, denn wir lernen viele Figuren kennen und die Zusammenhänge sind alles andere als klar. Man muss aufmerksam lesen und dabei hat mich gestört, dass der Autor manchmal etwas zu ausführlich erzählt, so dass man das Gefühl hat, sich im Kreis zu drehen oder einfach nicht richtig vorwärts zu kommen. Das Erzähltempo hätte für mich also etwas höher sein dürfen und einige Wiederholungen hätte es auch nicht gebraucht. Aber grundsätzlich hat Gard Sveen schon einen wunderbar zu lesenden Schreibstil und auch die Dialoge fand ich glaubwürdig und lebendig.

Es gibt allerhand Überraschungen in der Geschichte, dazu gehörte auch die Auflösung. Alles gut durchdacht, aber kleinere Fragen blieben für mich noch offen, auf die ich gerne in einem kurzen Epilog noch eine Antwort gehabt hätte.
Der Krimi hat mich gut unterhalten und einem zweiten Teil der Reihe würde ich auf jeden Fall eine Chance geben, denn dann könnte ich Tommy vielleicht noch etwas besser kennenlernen.

Fazit:
Stellenweise etwas zu ausführlich, aber gut durchdacht und auf zwei Zeitebenen fesselnd erzählt. Ein Krimi, den ich gerne weiterempfehle!

Bewertung:
4pfoten

Bei Daggis Buch-Challenge hake ich hiermit Punkt 27 ab.